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Beyond the Horizon – Episode 31: New Berlin Patriots

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Herzlich Willkommen zur 31. Ausgabe von „Beyond the Horizon“. Wir blicken nach dem Special zu den neuen Head Coaches wieder über den Horizont hinaus und freuen uns sehr, dass wir mit der New Berlin Patriots einen neuen und spannenden Gesprächspartner gefunden haben. Wir blicken einmal auf die Saison 2019 zurück, schauen in Richtung des Drafts und ein wenig darüber hinaus. Natürlich wird es auch um Tom Brady und Rob Gronkowski. Legen wir los! 

Seid gegrüßt liebe New Berlin Patriots! Traditionell möchten wir Euch zu Beginn des Interviews einmal bitten, dass Ihr uns Euch einmal vorstellt. Seit wann gibt es Euch als New Berlin Patriots? Wie seid Ihr zum Football gekommen und wie zu den Patriots? Habt Ihr Verbindungen zu Fanvereinigungen in den Vereinigten Staaten oder auch in Europa? Erzählt uns alles über Euch! 

New Berlin Patriots: Nun… Uns gibt es seit 2005 ganz offiziell. Ursprünglich haben wir einen neuen Football Verein im Osten Berlins etablieren wollen. Wir gründeten uns also ganz offiziell im Jahr 2005 als eingetragenen Verein. Fast alle damaligen Unterstützer verließen jedoch mit zunehmendem Aufwand das Schiff und ich stand alleine da. Also meldete ich den „eingetragenen Verein“ ab und wandelte es in das Fanprojekt um. Anschließend ließ ich 2007 das Fanprojekt in Foxborough bei den Patriots registrieren.

Ich selbst bin im Rahmen eines Volunteer-Projektes 2000 in Michigan gewesen. Dort kam ich in Berührung mit dem Football, durfte mittrainieren und in zwei Freundschaftsspielen sogar spielen. Bereits in den frühen 90er Jahren begeisterte ich mich für die Patriots. Akuter Fan wurde ich, als Belichick das „Double-Tight-End-System“ spielte. Das war revolutionär. Ich war also längst vor der Brady-Ära Fan der Patriots. Als Präsident der „New Berlin Patriots“ pflege ich natürlich enge Kontakte nicht nur zu den New England Patriots und deren Verantwortlichen. Auch bin ich in ständigem Kontakt zu amerikanischen Fanclubs. Natürlich sind wir Teil des weltweiten Netzwerkes der Patriots-Fanclubs. So bin ich auch Mitglied in verschiedenen Fanclubs und des Netzwerkes der „New England Patriots Fanclub Leaders“ und ich bin Vizepräsident der „NE Patriots Fans Europe“. Wie man sehen kann, ist das Netzwerk der Fanclubs gut organisiert. Als Auszeichnung für meine Arbeit wurde ich auch bereits offiziell nach Foxborough eingeladen und erhielt Zugang zu Bereichen der Abteilung „Patriots Media Office“, „Behind the scenes“, Stadionrundgang mit Katakomben Besuch und einem persönlichen Treffen mit dem damaligen Left Tackle Sebastian Vollmer im Presseraum der Patriots.

Für die New England Patriots, der mit Abstand erfolgreichsten Franchise der letzten 20 Jahre, war die Saison 2019 ein Auf und Ab und endete schließlich schon in der Wild Card Round – dies geschah zum letzten Mal in der Saison 2009. Sicherlich hattet Ihr Euch für die Saison 2019 mehr erhofft? Wie habt Ihr die Jubiläumssaison der NFL erlebt und was ist bei Euch hängengeblieben? 

New Berlin Patriots: Die Reaktionen der Fans waren recht ambivalent. Es gab die erfolgsverwöhnten Fans, die alles in Frage stellten. Es gab aber eben auch die Fans, die die Materie gut verstehen und kritisch waren. Über allem stand die Frage: „Woran liegt’s?“ Das war auch ständiges Thema bei unseren zu jedem Spieltag stattfindenden „Public Game Watchings“ in unserer Homebase, dem „Tipperary Berlin“. Natürlich hatten wir uns eine Super Bowl Teilnahme gewünscht. Wer wünscht sich das nicht für sein Team? Aber dennoch analysierten wir die Saison als durchwachsen. Und jedem halbwegs kritischen Fan war klar, dass die Patriots mit der Leistung realistisch gesehen nicht die Chance auf eine Super Bowl Teilnahme hatten. Alles andere war Illusion und Wunschtraum. Hängen geblieben sind einige Fragen für die Offseason. Wird Brady bleiben? Wird Belichick bleiben? Wird Gronk zurückkommen? Wir haben viele Leistungsträger in die Free Agency entlassen. Niemand kann voraussagen, wer von denen bleibt und wer gehen wird. Klar war wohl allen, dass es eine sagenhafte Dekade war.

Hat es letztlich an der historischen Heimpleite gegen die Miami Dolphins, die das First Round Bye und damit zumindest das Heimrecht in der Divisional Round gekostet hat, am letzten Spieltag der Regular Season gelegen, dass es in der abgelaufenen Saison 2019 keinen tiefen Playoff Run der Patriots gab? 

New Berlin Patriots: Sicher war die Niederlage gegen die Fins ein Fingerzeig. Vor allem aber, weil auch hier die Referee Crew mit einigen fragwürdigen (in Videos nachweisbaren) Fehlentscheidungen „geglänzt“ hatte. „Hätte, hätte … Fahrradkette“. Vielleicht wäre alles anders gelaufen, wenn wir gegen die Fins gewonnen hätten. Wer weiß das schon? Die Fins haben das Spiel souverän und mit Kalkül heruntergespielt und somit gewonnen. Man muss ihnen das sportlich und fair anerkennen. Das gehört dazu.

Die Defense war das Prunkstück der Patriots in der letzten Saison und eigentlich der Gegenentwurf zur Defense der 49ers. Die starke Coverage um den AP Defensive Rookie of the Year machte es vielen Gegnern sehr schwer, während bei den Niners der Druck von der Defensive Line ausgeht. Erklärt uns doch bitte das Erfolgsrezept der Defense von Bill Belichick.

New Berlin Patriots: Die Defense der Patriots glänzte zu Beginn der Saison vor allem durch ihre Aggressivität. Sie wurde als „Boogeyman Defense“ bezeichnet, weil sie unberechenbar schnell die Offenses der Gegner analysierte und gnadenlos schnell zuschlug, Turnovers erzeugte und enorm effektiv dabei war, weil die kaum Yards der Gegner zuließ. Warum auch immer genau diese Defense innerhalb der Saison so enorm nachließ, erzeugt auch bei den Fans viele Fragen. Die Patriots hatten in dieser Saison keinen offiziellen Defense Coordinator. Diese Aufgabe übernahm zu Beginn der Saison Belichick selbst. Es war nicht die Secondary, die so viele Yards zuließ, sondern eher die Defensive Line, die mehr und mehr das Laufspiel der Gegner nicht effizient genug unterbinden konnte. 

Die Offense der Patriots unter Offensive Coordinator Josh McDaniels kam in der ganzen Saison nicht wie gewohnt in Fahrt und man konnte den Gegner mit dem schnellen Kurzpassspiel nicht dominieren. Auch das Laufspiel kam hinter der Offensive Line, die auch Tom Brady nicht ausreichend Zeit verschaffen konnte, nicht entfalten. Man hatte währen der ganzen Saison das Gefühl, dass es sich um „Stückwerk“ handelte. Wie habt Ihr die Offense um Tom Brady und Julian Edelman gesehen? 

New Berlin Patriots: Das große Manko war der Weggang von Gronkowski. Das wurde sehr schnell deutlich. Er fehlte sportlich wie menschlich. Er hielt in den vergangenen Seasons Brady den Platz durch massive Blocks frei und bot sich immer wieder selbst noch als Anspielvariante für Brady an.

Offensichtlich war in dieser Saison, dass Edelman nicht auf 100% lief. Man hatte oft genug das Gefühl, dass er in McDaniels Augen zwar das Nr.1-Target für Brady sein sollte, aber nicht es nicht ausfüllen konnte. Nach der Saison wurden die Gründe dafür bekannt. Edelman hatte mit einem multiplen Verletzungsbild zu kämpfen. Somit wurden Brady zwei seiner „Hotroute Targets“ genommen. Das wurde von Spiel zu Spiel deutlich. Zweites großes Problem war die angeschlagene Offensive Line der Patriots. Das frühe Verletzungsaus des etatmäßigen Centers konnte nicht effizient kompensiert werden. Die Line war nicht stark genug, dem Pass Rush des Gegners entgegenzutreten. Somit fehlte Brady nicht nur Zeit, sondern auch der Schutz. Als Pocket Quarterback brauchst du aber genau das, um effektiv zu sein.

Nach dem Gewinn des sechsten Super Bowls gegen die Los Angeles Rams mussten die Patriots den Rücktritt von Tight End Rob Gronkowski verkraften. Mit „Gronk“ haben die Patriots aus unserer Sicht das Herzstück der Offense verloren. Er machte nicht nur die entscheidenden Big Plays mit spektakulären Receptions, sondern er schaffte auch viel Raum für seine Nebenleute und war ein ausgezeichneter Blocker. Wie bewertet Ihr zum einen die Karriere von Gronkowski und war es zum anderen ein Fehler, sich nicht intensiver um einen Ersatz gekümmert zu haben? Sei es im Draft oder auch in der Free Agency. Ben Wallace oder Ricky Seals-Jones, der es nicht einmal auf den 53er Roster geschafft hat, können doch nicht die Antwort gewesen sein?

New Berlin Patriots: Gronk war ein „epischer“ Spieler und Typ. Aus „Baby-Gronk“ wurde im Laufe seiner Karriere ein Tier, was außerhalb des Stadions nie wirklich erwachsen wirkte. Gronkowski entwickelte sich von Jahr zu Jahr zu dem „Beast“, weil er hart dafür arbeitete. Er legte Trainings-Sonderschichten ein. Wie schon in der Frage beschrieben steht… „Er machte nicht nur die entscheidenden Big Plays mit spektakulären Receptions, sondern er schaffte auch viel Raum für seine Nebenleute und war ein ausgezeichneter Blocker.“ Er räumte mit seinen Blocks oft genug für die Running Backs frei. Er verschaffte Brady Zeit in seiner Pocket, um die geeigneten Anspielpositionen zu finden. Aber er bot sich auf Grund seiner Größe auch immer wieder selbst als Passempfänger an und wurde in dieser Funktion von Jahr zu Jahr stärker und selbstbewusster. Er machte sich aber auch wegen seiner Art für das Team als Mental-Beast unbezahlbar. Die verantwortlichen Scouts der Patriots rund um Belichick haben es aus meiner Sicht tatsächlich versäumt, rechtzeitig die Zeichen der Zeit zu erkennen. Sie hätten viel eher schon einen „Nachfolger“ für Gronk suchen müssen. Alle wussten um die körperliche Verfassung von Gronk. Ich selbst hielt das auch für ein wenig blauäugig und unverantwortlich. Es war absehbar, dass Gronk zurücktreten würde. Die Ersatz-Varianten nach Gronk erwiesen sich in meinen Augen alle als Fehlschläge und Missgriffe.

Head Coach Bill Belichick und sein Coaching Staff haben es in den vergangenen Jahren immer geschafft, das Scheme der Offense an die Spieler anzupassen. Von einer Offense mit Wide Receiver Randy Moss und fiel Downfield Passing zu einer dominanten zwei Tight End Offense, anschließend die Transformation zu einer Kurzpass Offense mit Julian Edelmann und auch Running Back James White im Mittelpunkt. Die „Neuerfindung“ in dieser Saison hat mit Josh Gordon, dem fehlgeschlagenen Experiment mit Antonio Brown und dem Trade für Mohamed Sanu nicht funktioniert. Was ist aus Eurer Sicht schiefgelaufen?  

New Berlin Patriots: Gute Frage. Es fehlte vor allem offenbar am in den vergangenen Jahren vorhandenen Selbstverständnis. McDaniels hat wohl versäumt, die Spieler aufeinander einzuschwören?

Brady ist dafür bekannt, mit seinen Targets Extra-Schichten zu machen. Antonio Brown war vor allem ein Fehlgriff aus menschlicher Sicht. Man hatte nicht die Zeit, um ihn effektiv auf das Brady-System zu schulen. Man vertraute offenbar auf dessen Erfahrung und Intuition.

Das Brady-System beruht aber auf minutiös einstudierten Abläufen im Route Running. Das braucht Zeit. Josh Gordon war da schon ambitionierter, aber zu oft angeschlagen. Somit fehlte ihm Zeit zum Feinjustieren. Die „fetten Jahre“, in denen Receiver länger blieben, waren vorbei. McDaniels hatte zudem gegen Ende der Saison offenbar schon wieder seine Gedanken bei den Interviews zu kommenden Jobs bei anderen Vereinen? Wer weiß? Er wirkte in seinem Play Calling längst nicht so zielsicher wie in den vergangenen Jahren.

Auf die Patriots und Bill Belichick sowie Nick Caserio kommt eine arbeitsreihe und wegweisende Offseason zu. Die Patriots haben zahlreiche Leistungsträger die zu Free Agents werden, allen voran Quarterback Tom Brady. Die Story Line um Tom Brady prägt nun schon die letzten Wochen und eigentlich es kaum einen Tag ohne neues Gerücht, wohin der Signal Caller denn nun wechselt. Oder auch nicht? Wie ist Eure Einschätzung zur Causa Brady und was wünscht Ihr Euch?

New Berlin Patriots: Auch hier gehen die Meinungen der Fans manchmal auseinander. Brady hat sich um die Franchise sehr verdient gemacht, hat sie maßgeblich geprägt. Man wird ihm das in Foxborough auch nie vergessen. Zudem hat er die Patriots nie nur als reine Franchise gesehen und gelebt. Gemeinsam mit Belichick und dem Eigentümer der Patriots, Robert Kraft, hat er den Begriff „Familie“ etabliert, gelebt und somit geprägt. Ein Weggang oder Rücktritt von Brady sehen viele natürlich daher mit Wehmut. Aber er ist nun mal „in die Jahre gekommen“ und man muss diesen Gedanken bis zum Ende denken. Er wird gehen…, ob nun vor oder nach der kommenden Saison. Soviel steht für mich persönlich fest. Mit seiner Art des Spiels ist er unter den anderen als „fossiler QB“ bekannt. Andere Teams haben ihr QB System längst verjüngt und umgestellt. Man hält in Foxborough natürlich auch wegen seiner Verdienste in der letzten Dekade an ihm fest. Nur darf man aus Sicht der Verantwortlichen nicht die Zeichen der Zeit verschlafen und muss aus den Fehlern der vergangenen Saison die folgerichtigen Schlüsse ziehen. Man muss sich in diesem Draft oder der Free Agency unbedingt um geeigneten Nachwuchs auf der QB Position kümmern. Auch wenn Brady der „G.O.A.T.“ ist, … das Leben und das Spiel geht weiter! Ich selbst bin Patriots Fan und nicht Brady Groupie oder Bandwagoner.

Am Umgang mit der Causa Tom Brady dürfte sich auch der weitere Weg der Franchise entscheiden. Noch einmal angreifen und verdiente Free Agents wie Free Safety Devon McCourty sowie Linebacker Kyle Van Noy und Jamie Collins halten und Brady bessere Waffen zur Verfügung stellen, oder jetzt den Umbruch einleiten. Was denkt Ihr, welchen Weg die Patriots bestreiten werden und welche Free Agents würdet Ihr gerne weiter im Trikot der Patriots sehen?

New Berlin Patriots: Beide Wege sind denkbar und mit Sicherheit Inhalt der Diskussionen der Verantwortlichen. Alle Welt weiß, dass Belichick in den letzten Jahren da immer freie Hand gelassen wurde. Natürlich ist es immens wichtig, Leistungsträger der vergangenen Jahre zu halten. Aber genauso wichtig ist es, neuen Schwung in die Offense und Defense zu bringen. Beide Wege kann man synchronisieren. Man denkt nicht erst seit dieser Offseason darüber nach, Brady als Mentor für einen jüngeren QB einzusetzen. Man könnte über eine Symbiose nachdenken. Das Scheme der Patriots ist bewährt. Es muss an Stellschrauben auf die neuen Anforderungen justiert werden. Da ist Mentoring ein bewährtes Mittel. Fakt ist aus meiner Sicht, dass auf den Positionen TE und WR unbedingter Handlungsbedarf besteht. Mit „bewährten“ Namen halte ich es persönlich nicht so.

Mit Dante Scarnecchia verlieren die Patriots ihren langjährigen Offensive Line Coach, der nach seinem Rücktritt 2013 zur Saison 2016 noch einmal zurückkehrte. Scarnecchia verfügte über Coaching Erfahrung seit der Saison 1970 und war bei den Patriots seit 1991 im Coaching Staff. Er gilt als einer der besten Offensive Line Coaches überhaupt. Wie werden die Patriots die Lücke schließen und wie wir die Offensive Line in der kommenden Saison aussehen?

New Berlin Patriots: Andere Teams haben auch gute Offense Coaches. *zwinker* Spaß beiseite. Scarnecchia zu verlieren, tut in der Seele weh. Zumal wir ihn gefühlt ein zweites Mal verlieren. Aber so wirklich verlieren wir ihn ja nicht. Er wird immer Ansprechpartner für Belichick bleiben. Davon gehe ich fest aus. Abgesehen davon ist es manchmal gar nicht so verkehrt, neue Wege mit neuen Coaches zu gehen. Die Offense-Line der Patriots muss dringend überarbeitet werden. Die Schwachpunkte waren offensichtlich. Wichtig ist aber, dass der etatmäßige Center wieder gesund zurückkehrt. Über die beiden Tackles wird man ernsthaft nachdenken müssen. Zu viel Rush lief über deren Positionen und wurde nicht effektiv genug verhindert.

Bill Belichick macht nicht nur auf dem Footballfeld seit Jahren einen ausgezeichneten Job, sondern auch als de facto General Manager. Die Patriots halten sich seit Jahren auch durch eine starke Personalstrategie an der Spitze der NFL. Oftmals lässt man eigene, teure Free Agents ziehen (zum Beispiel in der vergangenen Saison Trey Flowers oder auch Trent Brown) und nutzt die daraus resultierenden Compensatory Picks zur Auffrischung und Verstärkung des Teams. Außerdem ist man ein Meister des Down Trades und macht aus einigen Picks ganz viele. Nach dem Sanu Trade, der die Patriots einen Zweitrundenpick kostete, verfügt man im kommenden Draft womöglich über 12 Picks (mögliche Compensatory Picks) miteingerechnet. Wie sieht man als Fan dieses System? Ist man traurig, dass die Patriots oftmals Leistungsträger als Free Agents verlieren oder vertraut man einfach den handelnden Personen?  

New Berlin Patriots: Kurios ist aus Sicht eines Patriots Fans oft der Umstand, dass die Weggänge der Patriots bei anderen Teams scheinbar nicht mehr in der Lage sind, an ihre Leistungen bei den Patriots anzuknüpfen. Wie gesagt, nicht in allen Fällen, aber oft genug. Man kann nicht sagen, woran das nun tatsächlich liegt. Zurück zum Fakt an sich. Ja, es tut immer weh, wenn gute Leute und Leistungsträger den Verein verlassen, weil sie zu anderen Teams getradet werden. Gute Beispiele sind m. E. nach Chandler Jones, Danny Amendola und LeGarrette Blount. Man gewöhnt sich daran, sieht die jeweiligen Spieler aber immer wieder mit einem weinenden Auge. Belichick hat in der Vergangenheit oft genug ein glückliches Händchen im Umgang mit Downtrading bewiesen. Oft genug holte er aber auch ehemalige Top-Draftpicks ein Jahr nach dem Draft oder etwas später zu den Patriots. Für den diesjährigen Draft sehe ich gute Möglichkeiten, effektiv zu draften. Man darf nie vergessen, dass auch Brady das Ergebnis eines Compensatory-Picks an #199 war. Es gibt in Foxborough immer wieder den Slogan „Trust in Bill!“. Und so werden wir es wohl auch in diesem Jahr halten.

Die New England Patriots haben in der Ära Bill Belichick und Tom Brady in Zeiten der Salary Cap eindrucksvolles geleistet. Man gewann nicht nur sechs Super Bowls, sondern stand drei weitere Mal im Endspiel der NFL. Man erreichte seit der Saison 2001 nur zweimal nicht die Playoffs und gewann 17 Mal die Division. Die zahlreichen Rekorde des Teams, von Belichick und natürlich auch Brady sind eine Leistung, die wahrscheinlich kein anderes Team jemals in einer solchen Zeitspanne wieder erreichen kann. Was beeindruckt Euch am meisten und was passiert mit den Patriots in den kommenden Spielzeiten?

New Berlin Patriots: Was mich am meisten bei den Patriots beeindruckt, ist der unbedingte Wille, ganz vorn zu stehen. Das hat nicht unbedingt etwas mit elitärem Denken zu tun. Gott sei Dank gibt es dafür den Cap Space in der NFL. Es ist eher das, was das Mind Set der Patriots ausmacht. Vor allem aber, dass sich die Patriots (und deren Fans) als große Familie verstehen. Ich war vor Ort. Ich weiß, wovon ich schreibe. Natürlich misst man alles an den Erfolgen der Dekade. Sie miterlebt zu haben, erfüllt jeden Fan mit unbändigem Stolz. Das was war, nimmt uns niemand mehr. Dem was kommt, stehen wir neugierig aber auch zuversichtlich gegenüber. Der Umbruch muss kommen und wird kommen. Ich selbst freue mich auf guten American Football und die immer größer werdende Gemeinde der Verrückten, die an jedem verdammten Sonntag zusammenkommt. Ich freue mich aber auch auf die immer größer werdende Chance, dass es auch NFL Spiele in Deutschland geben wird. Der Hype kommt jedem Verein in Deutschland zu Gute und hilft, die ehemalige Randsportart immer mehr zu etablieren, sie beliebter und bedeutender zu machen. Das sage ich als ehemaliger Spieler und jetziger Lizenz-Coach.

Eine Frage, die nichts mit dem aktuellen Geschehen zu tun hat. Habt Ihr bereits die bedrückende Netflix Dokumentation „The Mind of Aaron Hernandez“ (deutscher Titel:  Der Mörder in Aaron Hernandez) gesehen? Hernandez spielte von 2010 bis 2012 für die Patriots und bildete mit Rob Gronkowski ein kongeniales Tight End Duo. Hernandez nahm sich im Gefängnis, in welchem er eine lebenslange Haftstrafe ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung wegen Mordes verbüßte, das Leben. Bei der Obduktion wurde bei Hernandez ein weit fortgeschrittenes Stadium von CTE (Chronisch-traumatische Enzephalopathie) festgestellt und als Folge dessen war sein Gehirn bereits schwer geschädigt. Wie habt Ihr den Fall mitbekommen und verfolgt? Wird aus Eurer Sicht inzwischen genug für den Schutz der Spieler getan? 

New Berlin Patriots: Ich habe die Doku natürlich gesehen und war streckenweise schockiert über die Aussagen in medizinischer Hinsicht. Die Art und das Ausmaß der Hirnschädigungen bei Hernandez waren vorher ja nie wirklich ein Thema. Dass Tacklings (ähnlich wie Kopfbälle beim Fußball) auf Dauer zu Schädigungen führen muss, ist wohl jedem klar. Aber zu lange wurde das Thema (sicher auch aus Gründen des Profits) negiert oder heruntergespielt. Dass Hernandez in seinem jungen Alter bereits an einem so hohen Grad an Schädigungen litt, machte mich betroffen. Natürlich habe ich seinerzeit den Fall sehr genau verfolgt. Aber die Doku brachte noch einmal Hintergründe zu Tage, die so deutlich damals niemand kannte. Für die Presse war er der eiskalte Mörder, der aber dennoch bei den Fans beliebt war. Das war ein Spagat für jeden Fan. Man wurde zeitweise beschimpft, wenn man sich für ihn aussprach. Es herrschte auch zwischen den Fans eine Kluft. Die Doku entschuldigt nicht, was Hernandez getan hat. Sie erklärt lediglich, wie es möglicherweise dazu kam, dass man sein Verhalten (auch während des Prozesses) nicht einordnen oder verstehen konnte.

Umso zufriedener bin ich über den Umstand, dass das „Concussion Protocol“ inzwischen so ernsthaft durchgesetzt wird. Auch auf Coaching Schulungen wird immer mehr auf die gesundheitlichen Aspekte des Tacklings und des Footballs allgemein hingewiesen. Es war also nicht umsonst.

Zum Abschluss: Wenn Ihr jetzt bereits einen Tipp abgeben müsstet, wo würden die Patriots am Ende der Saison 2020 landen? Erneut auf dem ersten Platz der AFC East? Welche Paarung würdet Ihr gerne im Super Bowl sehen?

New Berlin Patriots: AFC-East Champions, Playoffs … und … wer weiß? *zwinker*

Wir bedanken uns herzlich für das aufschlussreiche, ausführliche und interessante Interview und wünschen Euch in Richtung der Saison 2020 viel Erfolg! In der kommenden Spielzeit reisen die San Francisco 49ers nach Massachusetts und treffen im Gillette Stadium auf die Patriots. Wir möchten Euch hiermit schein einmal zu einem Game Day Interview im Vorfeld der Partie herzlich einladen und freuen uns eine erneute Zusammenarbeit.

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